Lichtschatten – Die letzte Solea

coverpaifelowell_kleiner

Das Land Wyonell versinkt im Schatten des grausamen Königs Balan. Er beraubte die Zirkel ihrer Magie, tötete jene, die mit der Prophezeiung um seinen Sturz verbunden schienen. Schließlich setzt er seinen Sohn Greyson darauf an, das letzte Kind des Lichts aufzuspüren und hinzurichten. Doch was passiert, wenn sich Licht und Schatten plötzlich magisch anziehen und aus Hass eine tiefe Liebe entsteht?

Auf folgenden Portalen gibt es eine Leseprobe zu lesen: Wattpadlyx-storyboard

NEU: Lichtschatten hat einen Verlag gefunden und erscheint vorraussichtlich 2017 als Ebook und Taschenbuch Ausgabe im Drachenmond Verlag!

 

kleiner Auszug:

# Elle

Es grenzt an ein Wunder, dass Vater mich trotz der brodelnden Gerüchteküche in der Taverne arbeiten lässt. Wir brauchen das Geld, da er mit seinen Rückenschmerzen nicht mehr genug Holz zum Verkauf fällen kann. Heilen darf ich ihn natürlich nicht. Claire flechtet für unseren Lebensunterhalt Körbe, formt Krüge aus nassem Ton. Ich wünsche mir oft, es ihr gleichtun zu können, aber meine Fingerfertigkeit reicht zum Handel einfach nicht aus.
Während ich am Wasserbecken stehe und Geschirr mit einem löchrigen Lumpen spüle, zapft Irma noch ein Bier, ehe sie das Fass leert. Sie ist eine von drei Schankfrauen, die hier in der Taverne bedienen. Ihr Gesicht ist immer noch grün und blau von der letzten Schlägerei, in die sie unglücklicherweise hineingeraten ist. Der Knöchel ist angeschwollen. Eigentlich sollte sie ihn schonen, aber sie braucht das Geld dringend, um sich und ihren kleinen Sohn über Wasser zu halten. Soweit ich weiß, schlafen die beiden im Stall der Taverne.
»Ich geh eben ins Lager«, ruft sie mir zu.
Ich nicke, schaue mich im Schankraum um. Sieben Männer haben den Weg zum frühen Abend hierher gefunden, trinken, streiten, spielen Karten, grölen laut und stoßen mit den Krügen an, dass das Bier nur so überschwappt. Einer von ihnen lehnt sich zu mir über die Theke und verlangt nach etwas Brot, ein anderer fordert mich auf, sein Glas aufzufüllen.
»Natürlich«, flüstere ich, hole ein Stangenbrot unter dem Tresen hervor und schneide es in handgroße Stücke, ehe ich sie in einem Brotkorb anreiche. »Das Bier bringe ich gleich an deinen Tisch, Edgar. Irma holt gerade ein neues Fass aus dem Lager.«
Mit einem unzufriedenen Schnauben geht er zurück zu seinem Stammplatz am hinteren Fenster und ich widme mich wieder dem Geschirr, als die Tavernentür ungewöhnlich achtsam geöffnet wird und zwei Fremde eintreten. Die beiden Männer könnten unterschiedlicher nicht sein. Während der Erste so strohblondes Haar hat, dass ich mich frage, wie es trotz der Reise so sauber sein kann, trägt der zweite Mann das Haar fast schulterlang. So ein dunkles Schwarz habe ich noch nie gesehen. Der Fremde lässt den Blick durch die Taverne schweifen und fixiert mich. Seine Augen sind eisblau, das kann ich sogar aus dieser Entfernung sehen. Mein Herz rast und ich glaube, mich darin zu verlieren, als Irma neben mir das Fass auf den Boden knallt und  ich aufschrecke.
»Hilf mir mal«, motzt sie und ich lege eilig den Lumpen beiseite. Gemeinsam heben wir das Fass auf die Theke und klopfen mit einem kleinen Hammer Holzscheite links und rechts darunter, dass es nicht wegrollen kann.
Während Irma mit einem guten Schwung das Fass anschlägt und Bier zu zapfen beginnt, gleitet mein Blick vorsichtig zurück zur Türe, wo die beiden immer noch stehen und sich umsehen. Ihre Kleidung wirkt edel, dass ich vermute, dass es sich bei den Männern um Kaufleute handelt, die weit gereist sind.
In dem Moment, als ich den Lumpen aufnehme und die Tonkrüge trocknen möchte, kommen sie auf mich zu. Das Herz schlägt mir bis zum Hals, als mich der blonde Mann anspricht. »Wir sind müde und hungrig. Habt Ihr zwei Zimmer für uns, Miss?«
Ich spüre den interessierten Blick dieser eisblauen Augen auf mir, versuche, mich nicht aus dem Konzept bringen zu lassen, schaffe es jedoch nicht und senke den Kopf. »Natürlich.« Unter dem Tresen hole ich ein Buch hervor, das ich aufschlage und mit dem Finger die Zimmerbuchungen durchsehe. Darauf tauche ich die Federspitze eines Fasans in ein offenes Tintenfass und nehme allen Mut zusammen, um aufzusehen. Wieder begegne ich diesem Blick, der mich unwiderruflich für sich einnimmt. Er hat etwas Gefährliches an sich, das kann ich spüren, aber da ist noch etwas anderes. Seine bloße Aufmerksamkeit schürt ein Feuer unter meiner Haut, von dem ich nicht einmal wusste, dass es existiert.
»Miss?«, fragt der blonde Kaufmann nach, doch ich schaffe es nicht, ihm zu antworten. Mir schlägt das Herz bis zum Hals, als ich bemerke, wie der Fremde mich mit den Augen auszuziehen scheint. Wer ist dieser Mann?
»Elle!« Irma packt mich am Handgelenk und zerrt mich zurück. Ich kann mich kaum aus diesen sündhaften Augen lösen, da drückt sie mir drei Bierkrüge in die Hand und schickt mich zu einem der Stammtische.
Ich höre, wie sie sich für mein Benehmen entschuldigt und die Zimmerreservierung aufnimmt, während ich hinter der Theke hervortrete. Oh Gott. Ich spüre seinen Blick auf mir. Er verfolgt jeden Schritt, den ich gehe, und die Krüge zittern in meiner Hand, als ich sie endlich auf dem Tisch abstellen kann.
»Danke, Schätzchen«, grinst der zahnlose Edgar und will mir einen Klaps auf den Hintern geben, doch ich fange die Hand ab und biege sie sichtlich verärgert, dass er sich schmerzlich windet.
»Was habe ich dir zu dieser schlechten Eigenschaft gesagt?« Ich lasse ihn los, als er sich entschuldigt, und gehe zurück zum Fass, um einem Saufkumpan Bier nachzuschenken.
Irma kommt mir entgegen, bedenkt mich mit einem Blick. Wir wissen, dass der Wirt dieses Verhalten nicht gutheißt, einem Gast die Stirn zu bieten, aber glücklicherweise ist er heute Zuhause bei seiner schwangeren Frau Elizabeth. Irma führt den blonden Mann die Treppe hinauf, scheint ihm die Zimmer zu zeigen. Es wundert mich, dass der andere Kaufmann sie nicht begleitet. Er beugt sich über den Tresen und schaut mir einen Moment beim Zapfen zu, ehe er das Wort an mich richtet: »Du siehst zwar aus wie ein scheues Kätzchen, hast aber anscheinend spitze Krallen. Ich würde sie zu gerne auf der Haut spüren.«
Sein Raunen, so tief und so nah am Ohr lässt meinen Körper erzittern und ich schrecke vor ihm zurück. Doch sein Blick ist eindringlich, nimmt mich erneut gefangen, dass ich nicht anders kann, als mich ihm zu nähern. Etwas an ihm fasziniert mich, das ich noch nicht in Worte fassen kann.
»Sehr gesprächig scheinst du ja nicht zu sein, aber im Bett brauchst du das ja auch nicht.« Wie bitte? Er beugt sich noch weiter über die Theke und versucht meinem Arm zu ergreifen. »Na? Wie viel kostet es, dich zu erobern?«
Panisch weiche ich zurück, bis ich die Wand im Rücken fühle. Er hält mich für ein Freudenmädchen? Ich sammle all meinen Mut und will ihm entgegentreten, ihm sagen, dass er sich irrt, als Edgar den Tisch umreißt und Betrüger brüllt. Mit einem Mal wirft er sich auf seinen Gegenspieler und zwei weitere Stammgäste schlagen aufeinander ein. Schockiert sehe ich zu, wie die Männer aufeinander losgehen, sich erbarmungslos prügeln und keine Gnade zeigen.
Ich höre Irma die Treppe herunterrennen, sehe ihren verstörten, gar wütenden Blick. Sie ist schneller unten, als ich hinter der Theke hervorkommen kann, versucht, die Schlägerei mit Worten zu beenden. Doch die Männer beachten sie nicht, sind von Zorn getrieben und schlagen wild um sich. Ich presse die Hände vor den Mund, als der einäugige Pete ausholt und anstatt Edgar Irma mit einem Tonkrug am Kopf trifft. Entsetzt muss ich mit ansehen, wie meine Freundin leblos auf den dreckigen Holzboden stürzt.
»Nein! Aufhören!«, kreische ich, renne auf sie zu. Ich lasse mich zu Irma auf den Boden fallen und halte ihren blutüberströmten Kopf. Die Wunde ist tief und das ganze Blut, dass ihr Haar tränkt, beweist mir nur allzu deutlich, dass sie keine Chance hat, das ohne Hilfe zu überleben. »Nein! Irma! Bitte halte durch!«, wimmere ich und streiche ihr liebevoll über die Stirn. Sie atmet kaum noch.
Während mir die Tränen von der Wange tropfen, fällt meine Entscheidung. Ich werde meine Freundin nicht sterben lassen und ihren Sohn zum Waisen machen. Ich kann helfen und ich werde helfen!
Die Männer sind so in ihre Prügelei vertieft, in der sie sämtliches Mobiliar zerlegen, dass sie nicht auf mich achten. Es wird alles gut. Ich bin hier. Ich lege Irma die Hände auf, fühle das Pulsieren und Pumpen ihrer Schädeldecke, webe in warmem Blut eine neue Hautschicht. Ein heftiger Schmerz frisst sich durch meine Glieder, verebbt nur langsam im Schweigen. Das Licht heilt, es ist immer da und ich spüre das wohlige Gefühl von Hitze im Herzen. Es schlägt um Irmas willen, pumpt das Leben zurück in ihren Leib.
Als sie schmerzvoll aufstöhnt, nehme ich die Hände runter, fühle mich ausgelaugt, schaffe es kaum, mich aufzurichten. Irma verfällt in eine quälende Ohnmacht, als ich plötzlich diesen Blick auf mir spüre, der nichts Gutes bedeuten kann. Eisblaue Augen sehen das Licht in meinen Fingern und ich bemerke, wie sich eine wütende Dunkelheit in ihnen ausbreitet. Er hat mich gesehen!
Die Schlägerei scheint ihn nicht zu kümmern, seine ganze Aufmerksamkeit liegt auf mir. Der Hass in seinen Augen lässt mir einen kalten Schauer über den Rücken fahren. Was will dieser Mann nur von mir? Ich halte den Atem an, als er sich von der Theke abstößt und auf mich zugeht. Mit starken, schnellen Schritten, die von seinem Zorn zeugen, baut der Fremde sich vor mir auf, packt mich an den Handgelenken und reißt mich an sich.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.